Entschiedene Ablehnung der Chatkontrolle – Für den Schutz unserer Privatsphäre

Entschiedene Ablehnung der Chatkontrolle – Für den Schutz unserer Privatsphäre

Gemeinsame Presseerklärung (Lissabon, 20. Juni 2024):
Entschiedene Ablehnung der Chatkontrolle –
Für den Schutz unserer Privatsphäre

Wir, die Unterzeichnenden, sprechen uns vehement gegen die geplante Einführung der sogenannten Chatkontrolle aus.

Wir sind zwar gerade auf Ausschussreise in Lissabon, haben aber die Diskussion zur Chatkontrolle intensiv begleitet und begrüßen die klare Ablehnung Deutschlands in Brüssel. Die Verschiebung der Abstimmung ist dabei nicht ausreichend, wir fordern die endgültige Ablehnung des Konzepts Chatkontrolle.

Wir sind der Überzeugung, dass mit der geplanten Chatkontrolle der abscheuliche Missbrauch von Kindern nicht verhindert werden kann, dafür aber jegliche Kommunikation kontrolliert werden könnte.

Es bedarf anderer Maßnahmen wie verpflichtende Meldemechanismen bei Online-Diensten, eine stabile Finanzierung von Hotlines und Beratungsstellen sowie eine Verbesserung der Medienkompetenz insbesondere in vulnerablen Gruppen sowie mehr Sensibilisierung der Bevölkerung und stärkere Prävention auch im Analogen.

Schutz der Privatsphäre in Gefahr

Das Recht auf Privatsphäre, das von der Bundesregierung geplante Recht auf Verschlüsselung und das Recht auf Schutz vor Gewalt dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Sie alle sind essenziell für die gesellschaftliche und demokratische Teilhabe aller, insbesondere von unterrepräsentierten Gruppen und nicht zuletzt von Jugendlichen und Heranwachsenden selbst.

Unverhältnismäßigkeit und Gefährdung spezifischer Gruppen

Doch nicht nur Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Privatsphäre, auch durch Verschlüsselung, das es zu schützen gilt. Angehörige benachteiligter Gruppen, Journalistinnen, Whistleblowerinnen und Anwälte sind am meisten von Überwachung und Machtmissbrauch durch staatliche und andere Kontrollstellen betroffen und deshalb besonders auf intakte Verschlüsselung ihrer Kommunikation angewiesen.

Rechtsstaatliche Prinzipien bewahren

Die Einführung der Chatkontrolle steht im Widerspruch zu dem Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme sowie den Grundrechten auf Privatsphäre und Meinungsfreiheit, wie sie in der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Grundgesetz verankert sind. Der Schutz dieser Rechte ist essenziell für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat und die Demokratie.

Unterzeichnende:
  • Tabea Rössner MdB, Ausschussvorsitzende des Ausschuss für Digitales, B90/Grüne
  • Anke Domscheit-Berg MdB, Mitglied des Ausschuss für Digitales, Die Linke
  • Sabine Grützmacher MdB, Mitglied des Ausschuss für Digitales, B90/Grüne
Erste Ergebnisse zur Strafrechtsreform #Hackerparagraph

Erste Ergebnisse zur Strafrechtsreform #Hackerparagraph

INFOBOX
Rechtsicherheit für IT-Sicherheitsforschung

Der Hackerparagraph, umgangssprachliche Bezeichnung des §202c StGB stellt die Herstellung, das Überlassen, das Verkaufen, das Verbreiten oder sonst wie zugänglich machen von Computerprogrammen, deren Zweck die Begehung einer Straftat nach §202a StGB ist unter Strafe.

Kein Werkzeug kann in seinem Zweck eindeutig bestimmt werden.

Der Zweck des Werkzeugs resultiert aus der Anwendung, ist aber keine Eigenschaft die einem Werkzeug unveränderlich innewohnt. Eindeutig zeigt sich dies z.B. in den Spezialwerkzeugen eines Schlüsseldienstes – diese dienen dem zerstörungsfreien Öffnen einer Tür ohne den korrekten Schlüssel. Selbstverständlich sind diese Werkzeuge in den Händen von Kriminellen geeignet einen Einbruchdiebstahl zu begehen, in den Händen eines Schlüsseldienstes ist die Anwendung rechtlich unbedenklich und natürlich nicht strafbar. 

Computerprogramme (Werkzeuge), wie z.B. Portscanner zur Überprüfung der IT-Sicherheit von Computersystemen und Netzwerken eignen sich zweckbedingt sowohl zur Durchführung von Straftaten, als auch zur Prüfung und Verbesserung der Sicherheit. Auch ein sog. Exploit, also ein Computerprogramm mit der Funktion der automatisierten Ausnutzung einer Sicherheitslücke kann der Ausübung einer Straftat dienen, ist aber auch ein Beweis für die Existenz und Ausnutzbarkeit einer Sicherheitslücke. Hersteller von Software leugnen in manchen Fällen die Existenz einer Sicherheitslücke um das eigene Ansehen als Hersteller sicherer Software nicht zu beschädigen. Darüber hinaus erzeugt das Beheben der Sicherheitslücke Kosten für den Hersteller. Das Anfertigen eines Exploits dient in diesem Fall dem (öffentlichen) Beweis der Existenz der Sicherheitslücke, auch wenn der Hersteller die Existenz leugnet. In vielen Fällen in der Vergangenheit war dieses Vorgehen seitens der Forscher notwendig um den Hersteller unter Druck zu setzen die Sicherheitslücke zu beheben.

Derzeit begeben sich ehrenamtliche SicherheitsforscherInnen in große Rechtsunsicherheit, wenn sie z.B. staatliche Systeme auf IT-Sicherheit überprüfen. Es drohen Hausdurchsuchungen, Beschlagnahme von Computersystemen und sogar Haftstrafen. Das soll sich ändern – dafür haben wir uns schon bei den Verhandlungen um den Koalitionsvertrag eingesetzt. 

Nun gibt es erste Ergebnisse: Das Bundesministerium für Justiz hat ein Eckpunktepapier vorgelegt, indem eine Strafrechtsreform beschrieben wird, die auch den Hackerparagraphen reformieren wird. Bevor das BMJ dieses Eckpunktepapier entwickelt hat, wurde ein Konsultationsprozess durchgeführt, zudem neben VertreterInnen der Rechtspflege, VertreterInnen der IT-Sicherheits-Branche auch zivilgesellschaftliche VertreterInnen eingeladen wurden. Das BMJ führte neben einer Onlinekonsultation zwei juristische Symposien zum Reformbedarf im Cyberstrafrecht durch. Zusätzlich beschäftigte sich auch der auf Anregung und in Kooperation mit der Zivilgesellschaft durchgeführte Workstream „Buntes Bug Bounty“ https://www.dialog-cybersicherheit.de/b3 mit der Thematik.

Ich freue mich sehr, dass das Bundesministerium der Justiz diesen Reformprozess so modern, offen und transparent durchgeführt hat – zivilgesellschaftliche Beteiligung an solchen Prozessen ist ein Thema, für das ich mich im gesamten Regierungshandeln einsetze.

In meiner Wahrnehmung eignet sich der durchgeführte Konsultationsprozess als Vorbild und Best-Practice Beispiel für andere Ministerien. 

Gerade vor dem Hintergrund, der angespannten Cybersicherheitslage ist es wichtig, dass wir unsere Systeme so sicher wie möglich gestalten. Neben sicheren Architekturen gehört dazu auch, dass wir Menschen, die sich im Ehrenamt für die IT-Sicherheit einsetzen, nicht auch noch kriminalisieren. Der CCC aber auch andere netzpolitisch aktive Organisationen wie z.B. der FifF oder Digitalcourage betonen den Reformbedarf in diesem Bereich seit einigen Jahren.