


Persönliche Erklärung – Warum ich „Nein“ gestimmt habe
Der Wunsch nach Sicherheit ist verständlich, doch stellt sich mir die Frage: Welches Fundament legen wir hier – technisch und rechtlich – für die Zukunft unserer Demokratie? Das Sicherheitspaket ist für mich persönlich weder die Antwort auf Solingen, noch die Antwort auf die Frage, wie wir unsere Gesellschaft sicherer machen. Ich bin dankbar für die Anstrengungen und sehe zwischen den verschiedenen Entwürfen große und eindrucksvolle Verhandlungsbemühungen. Mein abweichendes Stimmverhalten zum Sicherheitspaket ist eine bewusste Entscheidung, die ich nach gründlicher Abwägung der vorgelegten Maßnahmen getroffen habe.
Ich unterstütze ausdrücklich die Forderungen nach notwendigen Präventionsansätzen. Als Sozialarbeiterin weiß ich, dass Sicherheit nicht allein durch härtere Gesetze erreicht wird, sondern durch präventive Maßnahmen und soziale Inklusion. Ich bin überzeugt, dass die Verantwortung für Prävention bei den Ländern liegt – dort müssen wir psychosoziale Angebote ausbauen und die Versorgung von Bürger*innen und Geflüchteten verbessern. Nur so können wir langfristig Sicherheit schaffen.
Die Einbeziehung der BfDI, die Rechtsverordnung, das wiederholte Hinweisen auf das Einhalten der KI-Verordnung – sind einerseits Verhandlungserfolge, aber andererseits keine ausreichend wirksamen Mittel. Der BfDI kann nur im Benehmen einbezogen werden und die Rechtsverordnung hat zwar den Regelungsgehalt, um schlimmste Auswirkungen einzuschränken. In den Verhandlungen und auch durch den ersten Entwurf wurde seitens anderer Fraktionen deutlich, noch drastischere Grundrechtseingriffe als in der nun eingebrachten Form unterstützen zu wollen. Mit Blick darauf ist nicht sichergestellt, dass die Rechtsverordnung, die durch die Bundesregierung ohne parlamentarische Mitwirkung erstellt wird, ihr angedachtes einschränkendes Potential auch realisieren wird.
Die Änderung der Voraussetzungen von „schwere“ zu auf „besonders schwere“ Straftaten ist ein Achtungserfolg. Trotzdem stellt sich mir die Frage, wie schnell der Ruf nach weiteren Verschärfungen laut wird, wenn die Architektur gebaut und die Software eingesetzt wurde.
Nach Abwägung des möglichen Sicherheitsgewinns im Verhältnis zu den Mitteln, der Eingriffstiefe und möglichen Folgen frage ich mich, für welche Architektur legen wir hier den Grundstein? Wir legen das Fundament, rechtlich wie technisch, für den Aufbau von flächendeckenden Überwachungsmöglichkeiten.
In harten Verhandlungen hat meine Fraktion sich sichtbar bemüht Schutzmaßnahmen einzuziehen. Der Bauplan an sich wurde jedoch nicht geändert, sondern es wurden Vorhängeschlösser in Form von Schutzmaßnahmen eingebaut. Wie schnell sind diese beim nächsten „Sicherheitsvorfall“ zur Diskussion gestellt? Wie schnell werden Forderungen laut werden, den Katalog der Straftaten für den dieses Instrument eingesetzt werden darf, zu ändern oder zu erweitern?
Die Hürden, die die Verhandelnden eingezogen haben, begrenzen zwar z.B. die Fotofahndung, aber die umfassende Mega-Datenbank der Sicherheitsbehörden in §16a BKAG, bei der jegliche Zweckbindung des Datenbestands aufgehoben wird und alle Datenbanken der Polizeibehörden zusammengeführt werden – die ist nahezu unverändert.
Wie ist sichergestellt, dass die eingezogenen Schutzmaßnahmen technisch überhaupt umgesetzt werden können? Technik muss immer auch auf ihre Folgen für die vulnerabelsten Personengruppen hin gedacht werden. Sie muss die Fehleranfälligkeit, die Diskriminierungspotenziale ebenso mitdenken, wie wissenschaftlich nachgewiesene Chilling-Effekte und auch die Ergebnisse einer derzeit noch laufenden Überwachungsgesamtrechnung gehören einbezogen. Zu keiner dieser Fragen konnte das BMI in Anhörungen vollständige und detaillierte Antworten vorlegen.
Eine solche Regulierung birgt die Gefahr der Grundsteinlegung für flächendeckende Überwachungsmöglichkeiten. Die Welt besteht nicht nur aus 0en und 1en, aber 0en und 1en gestalten unsere Wirklichkeit. In Zeiten, in denen unsere Welt nicht mehr wirklich zwischen analog und digital unterschieden werden kann, ist Technik nicht nur eine App oder eine Software. Sie kann, durch Prinzipien wie Privacy by Design, private Daten schützen. Sie kann das Leben der Menschen verbessern. Computer können Kunst erschaffen, Informationen und digitale Güter frei zugänglich machen und öffentliche Daten zum Wohl der Allgemeinheit bereitstellen. Aber Technik kann auch missbraucht werden.
Für mich überwiegt hier die Gefahr, mit diesem Sicherheitspaket die sprichwörtliche Büchse der Pandora in Form einer technischen Architektur rechtlich zu ermöglichen, die in den Händen demokratiegefährdender Kräfte Missbrauchsmöglichkeiten in dystopischem Ausmaß eröffnet.
Sabine Grützmacher
Berlin, 18. Oktober 2024

Autoren-Lesung GerMafia mit anschließender Diskussion
Buchlesung aus „Germafia – Wie die Mafia Deutschland übernimmt“ von Sandro Mattioli mit anschließender Podiumsdiskussion
VERANSTALTER: Bündnis90/Die Grünen Kreisverband Oberberg, Hindenburgstr. 35, 51643 Gummersbach
WO: Alters Baumwolllager, EngelsArt, Engels Platz 6, 51766 Engelskirchen (max. 100 Besucher)
Wann: 27. Okt. 2024 (Sonntag) von 18:00 bis ca. 20:30
Agenda
Begrüßung durch den Veranstalter Sabine Grützmacher, MdB um 18:00
Link zum politischen Thema Anti-Mafia, der Initiative antimafia.org und ihrem Vorsitz des FIU-Kontrollgremiums.
Lesung – Sandro Mattioli aus seinem Buch Germafia (ca. 45 Min.)
Sandro Mattioli zeigt in seinem im Mai 2024 herausgegeben Buch „GERMAFIA – Wie die Mafia Deutschland übernimmt“ auf, dass die ‚Ndrangheta nicht nur ein italienisches Problem ist, sondern auch Deutschland ganz massiv betrifft.
Mattioli liest auf der Veranstaltungen Passagen aus Germafia zu zahlreichen Gesprächen mit Betroffenen, Mafia-Aussteigern, Polizisten und Staatsanwälten. Er zeigt auf, dass die Mafiosi das „ahnungslose Deutschland“ als ihre Beute sehen und längst begonnen haben, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik gezielt zu unterwandern.
Pause (ca. 20 Min.)
Es sind Getränke erhältlich. Das Buch Germafia und wird zum Verkauf angeboten und auf Wunsch vom Autor signiert.
Es werden Bierdeckel verteilt, auf die Gäste (auch anonym) Fragen an die Diskutanten stellen können.
Podiumsdiskussion zur Bedeutung von Mafia-Strukturen für Politik und Gesellschaft in Deutschland (ca. 60 Min.)
Die Runde setzt sich aus den Diskutanten Sabine Grützmacher, Jan Denis Wulff, Sandro Mattioli zusammen.
Sabine Grützmacher
ist Diplom-Sozialpädagogin und seit 2021 Mitglied des Bundestages für Bündnis 90/Die Grünen. Grützmacher ist u.a. Vorsitzende des elfköpfigen Gremiums nach § 28a des Geldwäschegesetzes, die der Deutsche Bundestag am 21. März 2024 eingesetzt hat. Das Gremium dient der Aufsicht der durch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) im Zusammenhang mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung durchgeführten Aufgaben.
Jan Denis Wulff
begann seine dienstliche Laufbahn als Polizeikommissar bei der Polizei Nordrhein-Westfalen. Heute ist er als Kriminalkommissar beim Bundeskriminalamt (BKA) tätig.
Sandro Mattioli
ist seit über 15 Jahren als Journalist und Aktivist gegen die Mafia tätig. Mattioli ist zum Thema u.a. mit Podcasts und Fernsehdokumentationen aktiv und seit 2012 Vorsitzender des Vereins mafianeindanke in Berlin.
Ende der Veranstaltung gegen 20:30


Entschiedene Ablehnung der Chatkontrolle – Für den Schutz unserer Privatsphäre
Gemeinsame Presseerklärung (Lissabon, 20. Juni 2024):
Entschiedene Ablehnung der Chatkontrolle –
Für den Schutz unserer Privatsphäre
Wir, die Unterzeichnenden, sprechen uns vehement gegen die geplante Einführung der sogenannten Chatkontrolle aus.
Wir sind zwar gerade auf Ausschussreise in Lissabon, haben aber die Diskussion zur Chatkontrolle intensiv begleitet und begrüßen die klare Ablehnung Deutschlands in Brüssel. Die Verschiebung der Abstimmung ist dabei nicht ausreichend, wir fordern die endgültige Ablehnung des Konzepts Chatkontrolle.
Wir sind der Überzeugung, dass mit der geplanten Chatkontrolle der abscheuliche Missbrauch von Kindern nicht verhindert werden kann, dafür aber jegliche Kommunikation kontrolliert werden könnte.
Es bedarf anderer Maßnahmen wie verpflichtende Meldemechanismen bei Online-Diensten, eine stabile Finanzierung von Hotlines und Beratungsstellen sowie eine Verbesserung der Medienkompetenz insbesondere in vulnerablen Gruppen sowie mehr Sensibilisierung der Bevölkerung und stärkere Prävention auch im Analogen.
Schutz der Privatsphäre in Gefahr
Das Recht auf Privatsphäre, das von der Bundesregierung geplante Recht auf Verschlüsselung und das Recht auf Schutz vor Gewalt dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Sie alle sind essenziell für die gesellschaftliche und demokratische Teilhabe aller, insbesondere von unterrepräsentierten Gruppen und nicht zuletzt von Jugendlichen und Heranwachsenden selbst.
Unverhältnismäßigkeit und Gefährdung spezifischer Gruppen
Doch nicht nur Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Privatsphäre, auch durch Verschlüsselung, das es zu schützen gilt. Angehörige benachteiligter Gruppen, Journalistinnen, Whistleblowerinnen und Anwälte sind am meisten von Überwachung und Machtmissbrauch durch staatliche und andere Kontrollstellen betroffen und deshalb besonders auf intakte Verschlüsselung ihrer Kommunikation angewiesen.
Rechtsstaatliche Prinzipien bewahren
Die Einführung der Chatkontrolle steht im Widerspruch zu dem Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme sowie den Grundrechten auf Privatsphäre und Meinungsfreiheit, wie sie in der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Grundgesetz verankert sind. Der Schutz dieser Rechte ist essenziell für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat und die Demokratie.
Unterzeichnende:
- Tabea Rössner MdB, Ausschussvorsitzende des Ausschuss für Digitales, B90/Grüne
- Anke Domscheit-Berg MdB, Mitglied des Ausschuss für Digitales, Die Linke
- Sabine Grützmacher MdB, Mitglied des Ausschuss für Digitales, B90/Grüne

Kennst du eine Autistin, kennst du genau eine.
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